Die Bedeutung der formellen Duldung – Ein Blick auf das Urteil des OVG Hamburg vom 10. April 2024

Wann ist ein Ausländer eigentlich geduldet? Das Aufenthaltsgesetz fordert an vielen Stellen, dass der Ausländer geduldet sein muss – doch unter welchen Voraussetzungen trifft das zu?

Mit Beschluss vom 10.04.2024 (Az. 6 Bs 10/24) hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Hamburg eine wichtige Entscheidung zur Duldung getroffen. Das Gericht stellte klar, dass ein ausreisepflichtiger Ausländer nur dann als geduldet“im Sinne des Aufenthaltsgesetzes gilt, wenn ihm auch eine Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG ausdrücklich erteilt wurde. Die bloße Hinnahme des Aufenthalts durch die Behörden ohne eine förmliche Ausstellung einer Duldungsbescheinigung führe nicht zu einem rechtlichen Duldungsstatus.

Hintergrund des Falls

Ein ausreisepflichtiger Antragsteller begehrte die Erteilung einer Duldung und argumentierte, dass die Behörden seine Abschiebung faktisch nicht vollzogen hätten. Er sah dies als stillschweigende Duldung seines Aufenthalts an. Das OVG Hamburg widersprach dieser Auffassung und betonte, dass eine Duldung explizit erteilt werden muss. Das bloße Unterlassen der Abschiebung begründet keinen Anspruch auf eine Duldung.

Rechtliche Einordnung

Gemäß § 104c Abs. 1 Satz 1 AufenthG gilt ein Ausländer nur dann als geduldet, wenn eine entsprechende behördliche Entscheidung vorliegt. Damit unterscheidet sich der tatsächliche Verbleib im Bundesgebiet von einer formal anerkannten Duldung. Die Entscheidung des OVG Hamburg stärkt die Behördenpraxis, dass eine Duldung nicht automatisch durch Verwaltungsstillstand entsteht, sondern einer bewussten behördlichen Entscheidung bedarf.

Auswirkungen des Urteils

Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für ausreisepflichtige Personen, die auf eine Duldung hoffen. Wer sich lediglich auf eine verzögerte Abschiebung beruft, hat keinen rechtlichen Anspruch auf eine Duldung. Das bedeutet für Betroffene, dass sie weiterhin mit der Gefahr einer kurzfristigen Abschiebung rechnen müssen, solange keine offizielle Duldung erteilt wird.

Fazit

Die Entscheidung des OVG Hamburg verdeutlicht einmal mehr die Bedeutung einer formellen Duldungserteilung. Sie sorgt für Rechtsklarheit und stellt sicher, dass eine Duldung nicht durch bloßes behördliches Unterlassen entsteht. Für betroffene Personen ist es daher entscheidend, aktiv eine Duldung zu beantragen und auf eine behördliche Entscheidung hinzuwirken.

Mit diesem Beschluss setzt das OVG Hamburg ein deutliches Signal für eine klare Trennung zwischen faktischem Verbleib und rechtlich gesichertem Duldungsstatus.