§ 25a AufenthG: Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte Jugendliche / junge Volljährige
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§ 25a AufenthG bietet jungen Menschen in Deutschland eine hervorragende Chance, von der Duldung zu einem Aufenthaltstitel zu gelangen. Die Vorschrift zielt insbesondere darauf ab, größtenteils in Deutschland aufgewachsenen Jugendlichen eine dauerhafte Bleibeperspektive zu ermöglichen. Das erhebliche Integrationshindernis einer Duldung soll beseitigt werden. Junge Ausländer haben die Möglichkeit, durch eine gute Integration, ein eigenständiges und von den Eltern unabhängiges Aufenthaltsrecht zu erlangen.
Am 31.12.2022 ist das sog. Chancen-Aufenthaltsrecht in Kraft getreten. Neben des neuen Gesetzes (§ 104c AufenthG) wurden auch bestehende Bleiberechtsregelungen zum Teil modifiziert. Besonders hervorzuheben ist die Anhebung der Altersgrenze im Rahmen des § 25a AufenthG. Die Altersgrenze wurde von 21 auf 27 angehoben. Ein Antrag ist folglich nunmehr vor dem 27. Geburtstag zu stellen. Zudem wurde die Voraufenthalts- und Schulbesuchszeiten auf drei Jahre gesenkt. Allerdings ist es nunmehr in der Regel erforderlich, dass vor Antragsstellung eine Vorduldungszeit von mind. zwölf Monaten vorliegen muss.
Die Voraussetzungen
Voraussetzung für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG ist, dass sich der Antragsteller, sich seit mindestens vier Jahren erlaubt in Deutschland aufhält, drei Jahre lang eine Schule besucht oder einen Schulabschluss erlangt hat, den Antrag vor dem 27. Lebensjahr stellt, sich in die Verhältnisse im Land einfügen wird und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt. Dazu im Einzelnen:
Erforderliche Aufenthaltszeit
Die erste Voraussetzung ist, dass sich der Antragsteller seit mindestens drei Jahren erlaubt und ununterbrochen im Land aufgehalten haben muss. Die zeitliche Komponente wird als zwingende Voraussetzung für eine Integration angesehen. Die Zeiten während einer Aufenthaltsgestattung oder Duldung werden miteingerechnet.
Ausreichend ist zudem, dass ein materiell-rechtlicher Anspruch auf eine Duldung besteht. Es kommt nicht darauf an, dass der Ausländer auch im Besitz einer förmlichen Duldungsbescheinigung nach § 60a Abs. 4 AufenthG ist. Dies ist insbesondere für unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) relevant. Unbegleitete minderjährige Ausländer haben in der Regel einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG oder nach § 60 Abs. 2 S. 2 AufenthG bis zum Abschluss des sog. Clearingverfahrens. Folglich sind diese Zeiten bei der Vier-Jahres-Frist anzurechnen.
Erfolgreicher Schulbesuch oder Schulabschluss
Weitere Voraussetzung ist, dass entweder mindestens drei Jahre lang eine erfolgreich eine Schule besucht worden ist oder, dass ein anerkannter Schulabschluss erworben worden ist.
Ob der Schulbesuch erfolgreich ist oder nicht, bemisst sich nach den schulischen Leistungen und auch die Regelmäßigkeit des Schulbesuchs. Sobald eine Versetzung in die nächste Klassenstufe erfolgt oder eine solche Versetzung wahrscheinlich ist, liegt in der Regel ein erfolgreicher Schulbesuch vor.
Alternativ zum vierjährigen Schulbesuch belegt auch ein anerkannter Schulabschluss die integrative Leistung. Der Schulabschluss muss mindestens dem einen Hauptschulabschluss entsprechen.
Eine Besonderheit besteht bei sog. Vorbereitungsklassen, da ein Versetzen hier nicht vorgesehen ist. Es spricht jedoch vieles dafür, dass auch die Zeiten in Vorbereitungsklassen vollständig angerechnet werden. Im Übrigen ist es auch oft möglich, über die Vorbereitungsklassen einen anerkannten Schulabschluss zu erwerben.
§ 25a AufenthG Antrag
Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis muss unbedingt vor Vollendung des 27. Lebensjahres gestellt werden. Maßgeblich ist ausschließlich der Zeitpunkt der Antragstellung und nicht der Zeitpunkt der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis.
Positive Integrationsprognose
Weiter ist es erforderlich, dass bezüglich des Antragstellers eine positive Integrationsprognose besteht. Es muss also davon auszugehen sein, dass sich der Jugendliche bzw. Heranwachsende in die deutschen Lebensverhältnisse einfügen kann. Eine solche Prognose wird anhand aller bisher erbrachten Integrationsleistungen und aktuellen Lebensverhältnisse in einer Art Gesamtschau vorgenommen.
Günstige Aspekte sind unter anderem:
- Sprachkenntnisse;
- Fester Wohnsitz;
- Soziales Umfeld;
- Schulausbildung;
- Berufsausbildung;
- Erwerbstätigkeit;
- Dauer des Aufenthalts.
Diese Auflistung ist keinesfalls abschließend zu verstehen. Demgegenüber sprechen gegen eine positive Integrationsprognose insbesondere Vorstrafen.
Doch selbst bei Vorstrafen kommt es zum einen auf die Höhe der Strafe an und zum anderen sind auch hier in bestimmten Einzelfällen Ausnahmen möglich. Insgesamt sind an den Prognosemaßstab keinen hohen Anforderungen zu stellen.
Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung
Es dürften letztlich auch keine Erkenntnisse vorliegen, dass die freiheitliche demokratische Grundordnung in Deutschland abgelehnt wird.
Lebensunterhaltssicherung
Gem. § 25a Abs. 1 S. 2 AufenthG ist die Inanspruchnahme von öffentlichen Leistungen für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, solange der Antragsteller zur Schule geht, eine Ausbildung macht oder ein Hochschulstudium absolviert.
Dieses Privileg bezieht sich ausschließlich auf Antragsteller, die sich in der Ausbildung befinden. Nach der Ausbildungszeit muss somit gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG grundsätzlich der Lebensunterhalt gesichert sein. Allerdings gibt es auch gute Argumente, die gegen das zwingende Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung sprechen. In bestimmten Fällen sind Ausnahmen also durchaus denkbar. Hier bedarf es einer Einzelfallprüfung.
Vorduldungszeit
Eine weitere Erteilungsvoraussetzungen ist, dass der Aufenthalt vor der Antragsstellung seit mind. 12 Monaten geduldet sein muss. Eine Ausnahme besteht, wenn zuvor eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG erteilt worden ist. Durch diese Einschränkung dürfte sich die Rechtslage für einen bestimmten Personenkreis erheblich verschlechtert haben. Gelingt es Schülern beispielsweise im Asylverfahren erfolgreich einen deutschen Schulabschluss zu erwerben, aus meiner Sicht eine beachtliche Leistung, so konnten diese Personen nach alter Rechtslage auch nach negativem Abschluss des Asylverfahrens in der Regel eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG erhalten. Nunmehr müssen diese Personen nach negativem Abschluss des Asylverfahrens trotz der bemerkenswerten Integrationsleistung mind. 12 Monate in der Ungewissheit leben, abgeschoben zu werden. Diese Einschränkung wurde „in letzter Minute“ in die Gesetzesänderung aufgenommen. Der Sinn und Zweck dieses Einschränkung eines bestimmten Personenkreis ist diesseits zumindest nicht erkennbar.
Keine Versagungsgründe
Selbst wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Erteilung des Aufenthaltstitels ausgeschlossen sein, wenn ein sog. Versagungsgrund vorliegt.
Die Aufenthaltserlaubnis ist insbesondere gem. § 25a Abs. 1 S. 3 AufenthG dann zu versagen, wenn die Abschiebung aufgrund falscher Angaben oder wegen einer Täuschung über die Identität und Staatsangehörigkeit ausgesetzt ist.
Erforderlich ist hier, dass das Verhalten vorsätzlich erfolgt ist. Unrichtige Angaben der Eltern sind mithin unschädlich. Zudem muss sich das Abschiebungshindernis auf die aktuelle Duldung beziehen. Eine in der Vergangenheit erschlichene Duldung ist unschädlich.
Aufenthaltserlaubnis für die Eltern
Die Aufenthaltsgewährung für gut integrierte Jugendliche und junge Volljährige gewährt diesen ein eigenständiges und von den Eltern unabhängiges Aufenthaltsrecht. Andersherum können die Eltern in bestimmten Fällen gem. § 25a Abs. 2 S. 1 AufenthG ein Aufenthaltsrecht von ihrem Kind ableiten.
Minderjährigkeit des Kindes
Das Kind, das eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG besitzt, muss bei Antragstellung der Eltern minderjährig sein. Wird es nach der Antragstellung 18 Jahre alt, ist dies unschädlich.
Sollte lediglich aufgrund der Volljährigkeit kein abgeleitetes Aufenthaltsrecht bestehen, muss geprüft, ob in Hinblick auf Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK ein rechtliches Ausreisehindernis besteht, dass zumindest die Erteilung einer Duldung nach § 60a AufenthG oder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG rechtfertigt.
Keine Versagungsgründe
Voraussetzung dafür ist zum einen, dass keine Versagungsgründe vorliegen, das heißt, dass keine falschen Angaben gemacht worden sind bzw. keine Täuschung über die Identität und Staatsangehörigkeit vorliegt (s.o.).
Lebensunterhaltssicherung
Des Weiteren muss der Lebensunterhalt gesichert sein. Der Lebensunterhalt muss ohne staatliche Unterstützung durch eigene Erwerbstätigkeit gesichert sein. Nicht erforderlich ist, dass zwingend beide Elternteile arbeiten bzw. ihren Lebensunterhalt selbst sichern. Sofern das Einkommen ausreichend ist, reicht es aus, dass nur ein Elternteil einer Erwerbstätigkeit nachgeht.
Aufenthaltserlaubnis für die Geschwister
Gem. § 25a Abs. 2 S.2 AufenthG kann (minderjährigen) Geschwistern ebenfalls ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht zustehen, sofern den Eltern eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 2 S. 1 AufenthG erteilt worden ist.
Erforderlich ist lediglich, dass diese mit den Eltern in familiärer Lebensgemeinschaft zusammenleben. Weiter Voraussetzungen müssen nicht erfüllt werden.
Keine Straftaten
Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ist gem. § 25a Abs. 3 AufenthG ausgeschlossen bei Verurteilungen zu Geldstrafen von mehr als 50 Tagessätzen bzw. zu mehr als 90 Tagessätzen bei Straftaten aufgrund ausländerrechtlicher Vorschriften.